Als am 4. Juni 1992 die Mitglieder des Projektes TransALPedes zu ihrer Alpendurchquerung von Wien nach Nizza (*) starteten, um auf die drohende Zerstörung des Alpenraumes aufmerksam zu machen, taten sie das unter dem Motto: „Wir besuchen Menschen, nicht Berggipfel“.
Einer dieser Menschen war Gilbert André, damals bereits seit über 30 Jahren Bürgermeister von Bonneval-sur-Arc in der hintersten Ecke der Haute Maurienne. Als Wanderer hatte sich der aus Lothringen stammende André in das Dorf verliebt und ist dort geblieben, wurde zu einem der Gründerväter des Parc National de la Vanoise und engagierten Verfechter des sanften Tourismus, lange bevor dieser Ausdruck zum Schlagwort wurde. Dass es ohne Öffnung für den Skitourismus nicht gelingen könnte, den Menschen im Ort ein nachhaltiges Auskommen zu garantieren, war klar. Mit Val d’Isère und Tignes gleich hinter dem Col d’Iséran gab es aber auch bereits genügend abschreckende Beispiele. 1992 war noch nicht abzusehen, ob es Bonneval-sur-Arc auf Dauer gelingen würde, den Begehrlichkeiten dieser Nachbargemeinden in der Tarentaise, die ihr eigenes Skigebiet über den Pass hinweg ausdehnen wollten, zu widerstehen.
Immer wenn wir seit dieser Zeit über den Pass fuhren, haben wir damit gerechnet, einmal Hochhäuser à la Lac de Tignes oder ähnliche Greuslichkeiten im Tal auszumachen. Diese Erwartung ist nicht eingetroffen!
Zwar gibt es mittlerweile 11 Skilifte und insgesamt 25 Pistenkilometer für die alpinen Skiläufer (und, kaum zu glauben, auch die Möglichkeit, per Heli nach Val d’Isère überzusetzen!) – aber das Ortsbild von Bonneval-sur-Arc bestimmen nachwievor Natursteine und Schieferdächer. Und immer mehr Sommertouristen, die, Kamera im Anschlag, dies ‚bijou très nature‘ besuchen – das gerade wieder von der ‚Association des plus beaux villages de France‘ als eines der 151 schönsten Dörfer Frankreichs bestätigt wurde.
Anfang der Neunziger Jahre hatte Bürgermeister Gilbert André die Idee, dieses Label anzustreben, was Bonneval heute – nicht ein einziges weiteres Dorf im Département hat es zu dieser Auszeichnung gebracht – zum schönsten Dorf Savoyens macht.
Sabine Bade & Wolfram Mikuteit
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(*) Dominik Siegrist/ Jürg Frischknecht et al., Alpenglühn – auf Transalpedes-Spuren von Wien nach Nizza, Rotpunktverlag, Zürich 1993 (leider vergriffen, aber antiquarisch immer mal wieder zu ergattern)