Wer unser Blog regelmäßig liest und die Region gut kennt, mag vielleicht bemerkt haben, dass wir manchmal auch Dinge ein bißchen ‚geraderücken‘, die uns in anderen deutschsprachigen Publikationen aufmerken ließen.
Wir tun das sehr ‚indirekt‘, wollen niemanden bloßstellen (und auch nicht als ‚Besserwisser‘ unangenehm auffallen!), bemühen uns um ein Höchstmass an Diskretion, nennen weder Verlag noch Autor oder Titel – sondern liefern einfach alternative Informationen nach.
Natürlich längst nicht in jedem Fall:
Wenn die Ausdehnung zweier aneinandergrenzender Nationalparks in den Westalpen verkehrt addiert wird, dabei eine Summe von 125.000 km2 herauskommt und dadurch „das größte Naturschutzgebiet Europas“ entsteht – Schwamm drüber, Fehler passieren schließlich auch uns.
Wenn wir vergeblich nach den Pferdekutschen fahnden, die uns den Zustieg zur ‚Tour du Mont Viso‘ angeblich ‚versüßen‘ sollen, ist es zwar ärgerlich zu erfahren, dass diese Kutschen bereits seit vielen Jahren nicht mehr verkehren – aber längst nicht jeder Verlag macht sich schließlich die Mühe einer Online-Aktualisierung von einmal verkauften Wanderführern.
Auch wenn wir lesen, dass der 3.538 Meter hohe Rochemelon (it. Rocciamelone) der „höchste Berg des Piemonts“ sein soll, ist uns das nicht der Rede wert – schließlich kann sich jeder Leser durch kurzes googeln selbst vom Gegenteil überzeugen.
Aber gerade hat uns ein Artikel in der Septemberausgabe einer großen Bergsportzeitschrift so nachdenklich werden lassen, dass wir uns ja vielleicht an die eigene Nase fassen müssen – weswegen wir diesmal auch ein bißchen weniger dezent sind.
Wir haben die ‚Alta Via Val di Susa‘ nicht frei erfunden …
… aber gegebenenfalls ist durch die Veröffentlichung unseres Wanderführers zu dieser fast vergessenen Strecke bei dem Einen oder der Anderen dieser Eindruck entstanden – weswegen nun jeder seine eigenen neuen ‚Alte Vie‘ im Piemont kreiert!
Wir kennen die ‚Alta Via Val di Susa‘ seit annähernd 20 Jahren. Sie ist auch heute noch in den aktuellsten Karten des Istituto Geografico Centrale (IGC, Carta dei Sentieri e dei Rifugi, 1:50.000) dick rot eingezeichnet und entsprechend benannt, Rifugi entlang der Strecke begreifen sich als Posto Tappa an der AVS, und auch Werner Bätzing weist in seinen Wanderführern zur GTA einige Male auf eine alternative Wegführung entlang der Alta Via hin.
Dass der Weg etwas aus dem öffentlichen Bewußtsein verschwunden ist, hängt unter anderem damit zusammen, dass die AVS seit 1947 auch ein Stück weit durch Frankreich führt und darüberhinaus durch das Gebiet gleich zweier Comunità Montane, die jeweils ihre eigenen Wanderwegsysteme aufgesetzt haben. Wir mußten lange ‚graben‘ und viele Gespräche führen, bis wir die Gewißheit hatten, dass der Weg nachwievor ausgezeichnet gewartet wird. Was für uns die Voraussetzung für diesen Wanderführer war.
Unbekannte Wege: die ‚Alta Via delle Alpi Marittime‘ …
Aber es geht auch anders. Dachten wir bisher, uns in den Seealpen einigermaßen gut auszukennen – wurden wir durch den Artikel eines besseren belehrt: von einer ‚Alta Via delle Alpi Marittime‘ hatten wir noch nie etwas gehört.
Also streuten wir Asche auf unser Haupt und wollten mehr wissen über diesen Weg. Er führt, so lesen wir, von Terme di Valdieri über die Rifugi Questa, Remondino, Genova, Soria-Elena und Pagari nach San Giacomo. Hoppla, den Weg kennen wir ja doch: ist das nicht ein Teil des Rundwanderweges, den Bätzing/ Kleider in ihrem Seealpen-Buch beschrieben haben?
So ist es, nur haben weder sie noch der Parco Naturale delle Alpi Marittime daraus die ‚Alta Via‘ gemacht – weshalb der Link auf den Naturpark auch recht überflüssig, jedenfalls keineswegs zielführend ist!
… und die ‚Alta Via delle Alpi Graie‘
„Nessun risultato trovato“ heißt es dann auch, wenn man dem angegebenen Link für den Höhenweg in den Grajischen Alpen folgt und dort nach einer ‚Alta Via‘ sucht.
In Usseglio soll dieser Höhenweg beginnen, dann über den Lago Malciaussia und weiter über die Rifugi Cibrario, Gastaldi und Città di Cirie wieder hinunter nach Balme gehen. Die entlang des Weges liegenden Hütten weisen merkwürdigerweise lediglich auf die ‚Tour della Bessanese‘ hin. Wie auch der Club Alpino Italiano, der über diesen, gerade von der Sektion Lanzo sorgsam markierten, Weg auch in ‚La Rivista‘ berichtete (September/ Oktober 2007, S. 40-43). Eine ‚Alta Via delle Alpi Graie‘ scheinen die Verantwortlichen dabei irgendwie übersehen zu haben.
Dafür wurde die ‚Alta Via dei Monti Liguri‘ ins Piemont verlegt
Wir haben auch nicht schlecht gestaunt, als wir lesen mußten, dass der Ausgangspunkt für den „spannendsten Abschnitt des Ligurischen Höhenweges“ der Tendapass ist. Dieser Pass trennt schließlich die italienische Region Piemont vom französischen Département Alpes-Maritimes – und ist nachweislich recht weit entfernt von der Region Ligurien, durch die allein die ‚Alta Via dei Monti Liguri‘ führt!
Dass ein Teil der Ligurischen Alpen noch im Piemont liegt, hat schon so manchen verwirrt. Aber schließlich führt ja der ligurische Höhenweg auch über die ‚Monti Liguri‘, also die ‚Berge Liguriens‘, zu denen zwar der Ligurische Apennin gehört – aber nur ein Teil der ‚Ligurischen Alpen‘. Auch die ‚Associazione Alta Via dei Monti Liguri‘, zu deren Gründungsmitgliedern neben CAI und Region auch der Verband der ligurischen Industrie- und Handelskammern gehört, hätte bei aller freundschaftlichen und überregionalen Zusammenarbeit sicher keinen Wanderweg gefördert, auf dem man durch das Piemont kommt.
Natürlich kennen wir diesen „spannendsten Abschnitt des ligurischen Höhenweges“, haben ihn schließlich unter dem Motto ‚Viele Wege führen ans Meer‘ selbst beschrieben. Was wir jedoch definitiv nicht geschrieben haben, ist, dass dieser Wanderweg, auf dem man übrigens auch kurz durch Frankreich kommt, zur ‚Alta Via dei Monti Liguri‘ gehört – von der wir auch noch andere attraktive Abschnitte kennen!
Es ist wohl an der Zeit, unser Abo dieser Zeitschrift zu kündigen.
Sabine Bade & Wolfram Mikuteit