Les Balcons du Mercantour – 2

Es ist Zeit für ein kleines Update über den Stand des neuen Fernwanderweges ‚Les Balcons du Mercantour‘, der im Département Alpes-Maritimes entlang des Alpenhauptkammes entstehen soll(te).

Was ist bisher geschehen?
Im August 2008 trat Christian Estrosi, damals noch Präsident des Conseil Général des Départements, mit der Ankündigung an die Öffentlichkeit, entlang des Alpenhauptkammes einen neuen Fernwanderweg einzurichten, der es mit so prestigeträchtigen Wegen wie der ‚Tour du Mont Blanc‘ aufnehmen können soll. Quasi zeitgleich ließ er Mini-Raupen-Bagger, mit dem Hubschrauber zu ihrem Einsatzort geflogen, damit beginnen,

Refuge de Rabuons Refuge de Rabuons, gelegen am gleichnamigen See auf 2523 m

auf circa 2.500 Metern Höhe einen Weg zwischen dem Lac de Rabuons und dem Lac de Lagarot im Vallée de la Tinée durch die Landschaft zu fräsen. Bilder der Arbeiten ließ er stolz in den Abendnachrichten ausstrahlen.
Ein bizarr anmutendes Vorgehen, wenn man bedenkt, dass die notwendigen Konsultationen und Genehmigungsverfahren anscheinend außer acht gelassen wurden.

Auch die zeitliche Nähe zwischen dem Beginn dieser Baumaßnahmen und der Ankündigung, innerhalb der nächsten drei Jahre die Aufnahme von Mercantour Nationalpark und dem direkt angrenzenden Parco Naturale delle Alpi Marittime in das UNESCO-Welterbe anzustreben, wirkt befremdlich. Der entsprechende Vertrag wurde am 19. September 2008 von den Umweltministern Frankreichs, Italiens und Monacos unterzeichnet, worüber wir hier berichteten. Ein passendes Motto wäre vielleicht: „Noch nicht Welterbe – aber bereits auf der Roten Liste“.

Die Proteste, die das geplante Prestigeprojekt seit Bekanntgabe hervorruft, stehen unter dem Motto: „Non au massacre du Mercantour“. Nach Demonstrationen am Refuge du Rabuons und in Nizza sowie Einsprüchen diverser Organisationen folgte Estrosis öffentliches ‚Mea Culpa‘ wegen nicht ganz angemessener  Vorgehensweise, ein Baustopp für die Dauer von sechs Monaten und die Einrichtung von ‚Round-table‘-Gesprächen zwischen Befürwortern und Gegnern des Balkonweges.

Wer 19,5 Millionen Euro zur Verfügung stellt und wenig umweltverträglich einfach losbaggern läßt, um einen Premiumwanderweg anzulegen, der einem ‚breiten‘ internationalen Publikum im Abstand von jeweils 10 bis 12 Kilometern Übernachtungsmöglichkeiten bieten soll, darf sich nicht darüber wundern, wenn Gegner die Einrichtung einer ‚Wanderautobahn‘ und die Umwandlung von Refuges in Luxushotels befürchten – und Estrosi unterstellen, ein ‚Mercantourama‘ bauen zu wollen. Dass es darunter durchaus auch Stimmen gibt, für die bereits der nachträgliche Einbau einer Dusche in ein bestehendes Refuge eine Perversion bedeutet, soll hier nicht verschwiegen werden.

Nach Aussage von Jean-Pierre Martin, Präsident des Club Alpin Français de Nice-Mercantour und – im Gegensatz zur Mehrheit der Mitglieder – Befürworter des ‚Balcons du Mercantour‘, sei in den laufenden Gesprächen der geplante Bau von sechs neuen Refuges allerdings bereits vom Tisch (Nice-Matin, 4.1.2009). Eine ‚kleine Lösung‘ scheint sich anzubahnen.

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

P.S.
Ein Teil der im Herbst angelegten neuen Wegstrecke ist im schneereichen Dezember bereits Lawinen zum Opfer gefallen.

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Eingeordnet unter bergauf bergab, Mercantour, Seealpen

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