Seit kurzem besteht die Möglichkeit, sich für ausgewählte Etappen der Via Alpina ein Guide-Book online zusammenzustellen. Man wählt die Ausgangs- und Zieletappe der Strecke und erhält als Ergebnis eine PDF-Datei zum Download.
Wie umfangreich das Ergebnis ausfallen soll, kann nach Bedarf selbst festgelegt werden: Kurzbeschreibung, Detailbeschreibung, Höhendiagramm, Zwischenziele, Kontaktadressen u.a. können das Dokument wahlweise komplettieren.
Auch die Kommentare von Wanderern, die ggf. den einen oder anderen Tipp oder Korrekturen der Daten enthalten, kann man in dieses Guide-Book einfließen lassen.
Diese Datenexportfunktion ersetzt aktuell noch keinen (guten!) Wanderführer. Was aber noch werden kann – wenn nämlich die Kommentarfunktion rege genutzt wird und damit die lokal Verantwortlichen in die Pflicht genommen werden, die an die Via Alpina gemeldeten Streckendaten endlich zu korrigieren!
Ein überflüssiger Geniestreich aus Brüssel?
Dass von dieser seit einem halben Jahr existierenden Kommentar- und Korrekturfunktion nicht häufiger Gebrauch gemacht wird, können wir uns nur mit dem weitverbreiteten Via-Alpina-Bashing erklären, dass wohl ursächlich mit der Förderung durch das EU-Interreg IIIB-Programm zu tun hat. Wer wie wir die einschlägigen Foren verfolgt, liest von imaginären Leuten, die sich „in Brüssel“ über die Landkarte gebeugt haben sollen, um die Wege der Via Alpina festzulegen. Diese oft angeprangerten „Schreibtischtäter“, die „mit dem Finger auf der Landkarte“ entlang gefahren sind und von denen „keiner die Strecke jemals gegangen ist“, sitzen in Wirklichkeit recht nah am Geschehen, gehören meist auch den jeweiligen Alpenvereinssektionen als Partnerorganisationen der Via Alpina an. Dass jedes Land die Wegverläufe über sein Territorium eigenständig und vollkommen unabhängig festgelegt und die dazugehörenden Etappendaten geliefert hat, sollte eine bekannte Tatsache sein. Aber auf „Brüssel“ schimpfen zu können ist stets ein gutes Ventil und trifft den Volkszorn.
Lac de Savine, blauer Weg der Via Alpina zw. Rif. Vaccarone und Ref. du Petit Mont Cenis, Etappe D35
Das Projekt ist öffentlich finanziert, somit muss dessen Internetpräsenz gefälligst alle Daten enthalten, die sonst in einem Wanderführer stehen, nur besser, nämlich absolut fehlerfrei. Aber subito! Haben wir schließlich mit unseren Steuern alles mitbezahlt!
Dass jeder Wanderweg auf die eine oder andere Weise öffentlich finanziert wird, machen sich dabei nur die Wenigsten klar! Interessierte mögen sich beispielsweise die Fördersumme für den Rheinsteig (durch die Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen und die Landkreise und Kommunen) anschauen und auf die Wanderkilometer umlegen!
Die Sache mit den „Steuergeldern“ scheint alles andere zu überlagern: Dass die Via Alpina im Rahmen der Alpenkonvention zur Förderung eines nachhaltigen und umweltverträglichen Tourismus anerkannt wurde, wird schnell vergessen. Auch das Konzept der Verknüpfung von verschiedenen bereits existierenden Wanderwegen zu einem grenzüberschreitenden Ganzen gerät bei Machem eher zu einem Makel. Dabei ist es ein Anachronismus, der längst auf die Müllhalde der Geschichte gehört, dass es auch im Europa des 21. Jahrhunderts noch Wanderwege gibt, die auf 1.800 Meter Höhe an einer Staatsgrenze beginnen. Wobei es machmal noch nicht einmal nationale, sondern lediglich regionale Grenzen sind, die einen Wanderweg fast im Nirvana enden lassen: Man denke nur an die ‚Grande Traversata delle Alpi‘, die den gesamten piemontesischen Westalpenbogen durchzieht, dann aber abrupt kurz vor der Grenze zur Nachbarregion Ligurien im winzigen Dorf Viozene (übrigens ohne Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel) endet!
in den Seealpen zum Rifugio Questa – im Hintergrund die Caire Prefouns, Vial Alpina, roter Weg, Etappe R141
Wer im Vergleich mit der öffentlichen Förderung anderer Fernwanderwege also endlich zu dem Ergebnis kommt, dass der „Haufen Geld“ für die Via Alpina eigentlich nur ein „Häuflein“ ist, das zudem noch für Übersetzungen aller Dokumente und aller Seiten der Homepage in die vier Alpensprachen und ins Englische stark beansprucht wurde – mag endlich den Kopf dafür frei haben, dass es sich lohnen kann, die eigenen Erfahrungen zum Weg anderen Wanderern über die Kommentarfunktion zur Verfügung zu stellen.
Allen Lesern ein ereignisreiches Jahr 2010 – sei es nun auf langen oder kurzen Touren!
Sabine Bade & Wolfram Mikuteit
Ja, richtig! Gut, dass das mal jemand offen ausgesprochen hat.
Überall wird Social Internet propagiert, jeder ist auf Facebook, linkedIn, studiVZ, myspace etcetcetc – aber klar, nur privat! Wir posten hier und kommentieren da, aber wehe, es ist halbwegs offiziell, bloß Hände weg davon. ´“Watn dat, von der EU finanziert und, noch schlimmer, koordiniert?! Kann ja nur schlecht sein!“
Traurig, wie hier mit Steuergeldern umgegangen wird. Auf der Seite der Zahlenden, versteht sich!
Danke ihr beide, weiter so, klasse Blog, klasse Tips :)
Beste Grüße
Ruth
Kann mich meinem Vorschreiber Stefan Cheeseman nur anschließen: sehr gelungener Artikel. Mich stören schon lange die vielen, meist undifferenzierten Äußerungen des Tenors „Alles von der und rund um die EU ist scheiße“, die viel zu häufig überall kommen.
Und bei dieser Gelegenheit auch gleich noch Lob für Euer tolles Blog, das richtig viel Lust auf die Region macht – auch wenn für mich die Westalpen bislang nur im Wallis und Berner Oberland stattgefunden haben. Irgendwann schaffe ich es bestimmt auch bis zu Euch…
Grüße, Martin
sehr gut gelungener Artikel!
Finde das Projekt auch recht gelungen und ist ein richtiger erster Schritt. (Genauso wie http://www.climbers-paradise.com => http://www.alpine-geckos.at/?p=3392)
Greetz, Stefan