Egoisten, die wir nun einmal sind, würden wir am liebsten schreiben: Fahren Sie nie nach Balme, übernachten Sie nie im Albergo Camussot. Damit uns im Bedarfsfall niemand die nach berühmten Hotelgästen benannten „Camera della Regina“ (*) oder „Camera Eleonore Duse“ streitig macht, und wir uns auch in Zukunft nicht die Frage stellen müssen: „Porsche aus Berlin? Dicker Benz aus Wiesbaden? Geländewagen aus Zürich?“.
Denn mehr als fünf stilgerecht eingerichtete und behutsam mo-dernisierte Zimmer gibt es noch nicht wieder im Albergo Camussot, das auf eine mittlerweile fast 200-jährige Tradition zurückblicken kann. Die Gründerzeitbauten in Balme lassen noch erkennen, dass der Ort einmal zu den beliebtesten Plätzen für die Sommerfrische des Turiner Großbürgertums gehört hat. Damals herrschte reger Andrang in Balme, dem hintersten ganzjährig bewohnten Ort im Val d’Ala, der nur 55 km von Turin entfernt liegt. Und es gab natürlich auch mehrere Hotels. Geblieben ist davon einzig das Albergo Camussot.
Von dem aus auch die gutbetuchten Urväter des italienischen Alpenvereins zu ihren Übungsstätten aufbrachen. Um zum Beispiel die Uia di Bessanese (3.604 m) oder die Uia di Mondrone (2.964 m) von der nahen Hochebene Pian della Mussa aus zu bezwingen. Aber nach Quintino Sella, Bartolomeo Gastaldi, Alessandro Martelli oder Luigi Vaccarone kräht in Balme heute kein Hahn mehr. Der kleine Ort hat sich ganz jenen Männern verschrieben, ohne die damals nichts lief am Berg: den örtlichen Führern, die die umliegenden Berge kannten wie ihre Hosentasche und dieses Wissen von Generation zu Generation weitergaben. Allen voran der legendäre Antonio Castagneri aus Balme, genannt „Toni dij Touni“ (1845-1890). Er soll auf 46 Erstbesteigungen gekommen sein und verunglückte 1890 am Mont Blanc, einen Kunden im Schlepptau.
In Balme ist ihm das Ortsmuseum gewidmet, das „Museo delle Guide Alpine Antonio Castagneri”. Das aber eigentlich gar nicht benötigt, wer im Albergo Camussot absteigt. Denn dort beherbergt bereits der Eingangsbereich ein eigenes kleines Museum zu den Führerlegenden aus der Pionierzeit des Alpinismus.
Hier einige ganz praktische Infos zum Antico Albergo Camussot:
Das Haus liegt unübersehbar im alten Ortkern von Balme (1.500 m) an der Straße zum Pian della Mussa und ist ganzjährig geöffnet, Halbpension im Doppelzimmer kostet zwischen 45 und 55 Euro,
Tel.: 0123 82 837, 0171-998301, http://www.camussot.it,
Dass wir im Camussot auch sehr gut gegessen haben, versteht sich von selbst – vor allem die Antipasti sind ausgezeichnet.
Sabine Bade & Wolfram Mikuteit
(*) Einziger – jedoch mit ein wenig Humor zu verschmerzender – Wermutstropfen in diesem liebvoll eingerichteten Zimmer ist das Foto von Vittorio Emanuele III an der Wand. „Mein Haupt betten unter dem Bildnis eines Mannes, der so dicke war mit Mussolini …?“ Aber dass auf unsere Political Correctness im Camussot noch keine Rücksicht genommen wird und zur Königin schließlich irgendwie auch der König gehört, passt dann doch nach einiger Überlegung wieder zu den Dingen, die das Camussot so liebenswert machen.
Das Antico Albergo Camussot hat nach renovierung am 15. Mai wieder geöffnet . Es wurde ein neues Zimmer mit einer Lounge erschaft , ein Aufzug aufgestellt und auch der Parkplatz war gepflastert und hat sogar eine Heizung für den Winter , um den Schnee zu schmelzen.
Wir sprechen Deutsch und Englisch.
http://www.camussot.it
camussot@tiscali.it
+39 012382837
+39 3282032750
Liebe Monika,
Wir hatten auf die Eröffnung des ‚Les Montagnards’ bereits hingewiesen (https://westalpen.wordpress.com/2012/06/27/montagnards) – freuen uns aber natürlich, dass dieses Haus nicht nur uns gefällt. Und mitten im Sommer läßt sich ja leicht verschmerzen, dass das Kaminzimmer noch nicht fertig ist.
Gruß
Sabine
Das neue Hotel ist eröffnet: http://www.lesmontagnards.it/
Man erkennt zwar, dass das Hotel an einigen Stellen (Kaminzimmer, Aussenanlage) noch nicht fertig ist, aber die Zimmer sind liebevoll eingerichtet und das Essen einfach hervorragend.
Ich kenne das Camussot nicht, aber die beide Nächte im Les Montagnards waren wunderbar. Das Essen war wirklich eine Empfehlung.
Das GTA-Menü (ohne Antipasti) hätte pro Person incl. Übernachtung 45€ gekostet, wir haben mit Antipasti 55€ bezahlt.
Monika
Am 7. Januar 2012 mussten Antonella und Guido Rocci das von ihnen über viele Jahre hinweg wunderbar geführte Traditionshotel Camussot schließen: Ihr Ende 2011 auslaufender Pachtvertrag wurde nicht verlängert. Auch ein Versuch, das Haus zu kaufen, scheiterte am Eigentümer.
Was aus dem Albergo Camussot werden wird, wissen wir nicht. Aber Antonella und Guido Rocci ewecken gerade ein anderes Traditionshaus in Balme zu neuem Leben. Es soll Anfang Juni 2012 eröffnet werden – gerade recht zum Beginn der Sommersaison. Nähere Einzelheiten dazu veröffentlichen wir demnächst.
Sabine