Am Anfang waren die Percorsi Occitani
Der Erfolg der Percorsi Occitani, des vorwiegend von deutschsprachigen Wanderern viel begangenen Rundwanderweges im Mairatal, lässt seit langem in vielen Nachbartälern Begehrlichkeiten aufkeimen. Leckere „Antipasti und alte Wege“ gibt es schließlich auch bei uns, grummelt es denn auch kaum verhohlen durch die Täler.
Stimmt. Von Trockenmauern gesäumte Maultierpfade, die zu hochgelegenen Sommerweiden mit bester Aussicht auf die umliegenden Gipfel der Cottischen Alpen führen, schmalere Wege, auf denen man in längst verlassene Dörfer gelangt und jahrhundertealter Siedlungsgeschichte im okzitanischen Sprachraum nachspüren kann, gibt es in allen benachbarten Tälern.
Längst auch gut markierte talerschließende Weitwanderwege wie den Sentiero del Plaisentif im Val Chisone und den Rundweg ‚Lou Viage’ im Valle Stura. Ganz zu schweigen von der bereits vor den Percorsi Occitani existierenden Alta Via Val di Susa.
Aber wenn sich mittlerweile auch die eine oder der andere Besucher im Mairatal etwas daran stößt, dort fast nur noch Deutsche und Schweizer zu treffen, wird viel zu selten über den Tellerrand in die oft nicht minder attraktiven Nachbartäler geschaut.
Ein neuer Versuch: Weitwandern im Valle Varaita
Wenn wir – nicht oft – in deutschsprachigen Printmedien über piemontesische Täler lesen, ist meist von einem ‚Geheimtipp’ für Einsamkeit suchende Wanderer und von ‚wilden Alpentälern’ mit einer Bevölkerungsdichte, die jene Alaskas locker hinter sich lässt, die Rede. Terra incognita für all jene, die vom Piemont nur die Poebene auf der Durchreise in die Toskana oder die Cinque Terre kennen.
In dieses Horn wollen wir nicht blasen: Das Valle Varaita gilt manchem als eines der schönsten Westalpentäler und ist damit kein Geheimtipp. Dennoch bleibt richtig, dass sich nirgends die Alpen so stark entvölkert haben wie in den piemontesischen Tälern entlang der französischen Grenze. Das kommt Einsamkeit und echte Naturerlebnisse suchenden Wanderern entgegen, zumal Weiler wie Chianale und Bellino das Klischée der „stehengebliebenen Zeit“ so gut bedienen, als wäre es hier entstanden.
Dazu passt, es nicht nur bei den begehrlichen Blicken hinüber ins Valle Maira zu belassen – sondern vor Ort selbst alles für den Aufbau eines sanften, angepassten Wandertourismus zu tun. Was auch dazu beitragen kann, die drohende Entsiedlung des Tales zu stoppen.
Dodieci giorni di trekking in Valle Varaita
Voriges Jahr erfuhren wir von dem Plan, im Valle Varaita einen Weitwanderweg nach Vorbild der Percorsi Occitani einzurichten. Daniele, der mit der Segnavia bereits eine tolle „Porta di Valle“ aufgebaut hat, die wir uns sehnsüchtig auch für andere Täler wünschen, erzählte uns davon. Was wir damals noch für einen sehr ambitionierten Plan hielten, der sicher nicht sehr schnell umgesetzt werden könnte, ist gerade Wirklichkeit geworden – und die Comunità montana Valli di Monviso hat dazu eine informative Broschüre herausgegeben.
Die 12 Etappen des neuen Rundwanderweges führen von Verzuolo am Eingang des Tales an den Nordhängen entlang Richtung Talschluss bis nach Chianale und entlang der gegenüberliegenden Hangseite zurück nach Costigliole Saluzzo. Rund 60 Stunden ist man unterwegs, wofür 10 bis 12 Tage zu veranschlagen sind:
Tappa 1: Verzuolo – Isasca (5 h)
Tappa 2: Isasca – Frassino (6 h)
Tappa 3: Frassino – Becetto (5.30 h)
Tappa 4: Becetto – Rifugio Bagnour (6.30 h)
Tappa 5: Rifugio Bagnour – Chianale (4 h)
Tappa 6: Chianale – Bellino, Borgata Chiesa (5 h)
Tappa 7: Bellino, Borgata Chiesa – Rifugio Meira Garneri (6 h)
Tappa 8: Rifugio Meira Garneri – Rore (4.30 h)
Tappa 9: Rore – Melle (5.30 h)
Tappa 10: Melle – Valmala (3.30 h)
Tappa 11: Valmala – Venasca (3.30 h)
Tappa 12: Venasca – Costigliole (5 h)
Der Weg verläuft – stes gut markiert – nur selten oberhalb von 2.000 Metern und ist bei mittelprächtiger Kondition für jeden durchgängig gangbar (italienisches Wanderwege-Rating „E“). Am Ende einer jeden Etappe gibt es bewirtschaftete Übernachtungsmöglichkeiten.
Die 3-sprachig abgefasste Broschüre (it/fr/en) zum Weg beinhaltet neben einem Verzeichnis der Übernachtungsmöglichkeiten und der ausklappbaren Übersichtskarte Beschreibungen und Kartenskizzen zu jeder einzelnen Etappe; im dazugehörigen Infokasten sind neben Dauer und Auf- und Abstieg auch die Anzahl der unterwegs passierten Brunnen/Quellen aufgeführt. Hier hätten wir uns lediglich zusätzlich die Information zur Länge der Etappe in Kilometern gewünscht.
12 Giorni di trekking in Valle Varaita
48 Seiten, Preis 3,50 Euro.
Erhältlich ist die Broschüre in der Segnavia, in der Informationsstelle der CM Valli di Monviso in Frassino und in mehreren Buchläden im Tal.
Wer diesen Rundweg nun noch um das ‚Sahnehäubchen’ des Varaitatals bereichern möchte, kombiniert ihn mit Teilen des Giro del Monviso. Der gehört ohnehin zum Varaitatal wie die Gardetta-Hochebene zum Valle Maira. Auch die Erstbesteigung des Monviso durch William Mathews 30. August 1861 erfolgte schließlich von Casteldelfino im Varaitatal aus.
Anbieten würde sich beispielsweise, die 5. Etappe durch den Weg über das Rifugio Vallanta und den Passo della Losetta durch das Vallone di Soustra nach Chianale zu ersetzen. Um hier nur eine von sehr vielen möglichen Varianten anzusprechen ….
Sabine Bade & Wolfram Mikuteit
Wir haben eben die gesamte Strecke beendet und sehr gute Erfahrungen gemacht. Natürlich gibt es auch Mängel bei einigen Etappen. Eine Neuauflage der Broschüre ist in Vorbereitung. Ich gebe auf Anfrage gern Auskunft, wo man sich auf die bisherige Ausgabe nicht verlassen sollte.