Ganz nah am Weg der Via Alpina: das Forte di Fenestrelle

Warum in blumigen Worten schildern, was nackte Zahlen viel besser ausdrücken können?
1.300.000 m² bebauter Fläche, auf annähernd drei Kilometer Länge 580 Meter Höhendifferenz zwischen den drei Festungen San Carlo, Tre Denti und Delle Valli überwindend, die auch über die 3996 Stufen der ‚Scala Coperta‘ miteinander verbunden sind.

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Kirche (Bildmitte) mit rechts dahinterliegendem Offizierspavillon

Dazwischen viele Feldschanzen, Mannschaftsquartiere, exponierte Aussichtstürme wie die Garitta del Diavolo und viele zum Teil kunstvolle Hebebrücken, um die einzelnen Festungsbestandteile im Notfall voneinander separieren zu können – das ist Forte di Fenestrelle, seit 1999 ‚Monumento Simbolo‘ der Provinz Turin.

In 122 Jahren Bauzeit ist im oberen Chisonetal, das damals noch Val Pragelato genannt wurde, eine der größten und beeindruckensten Festungen der Alpen entstanden, zur strategischen Absicherung der neuen Grenzen und zur Darstellung der Stärke des gerade entstandenen Königreiches Piemont-Sardinien. Erste Pläne zum Bau der Festung entstanden gleich, nachdem Frankreich 1713 mit dem Friedensvertrag von Utrecht die Westalpentäler östlich des Hauptkammes an Savoyen-Piemont abtreten musste (das zudem in den Rang eines Königreiches aufstieg). Ein naheliegendes Vorhaben, da unter anderem die strategisch ungünstig gelegene französische Festung Mutin im Chisonetal den Sieg der Piemontesen begünstigt hatte – was übrigens Vauban schon früh vorhergesagt haben soll! 1728 wurde mit dem Bau begonnen, von oben nach unten mit den Redouten von Delle Valli beginnend. Schnell entstand hier wie mit Exilles im Susatal ein Sperrriegel, der angreifende Franzosen bereits im Juli 1747 zu dem opferreich fehlgeschlagenen Versuch zwang, diese Täler über den Assiettagrat zu umgehen.
Neben dieser Sperrriegelfunktion wurde Fenestrelle von unterschiedlichen Herrschern vor allem als Staatsgefängnis genutzt, verfiel nach dem ersten Weltkrieg zusehends und verdankt seine sukzessive Wiederherstellung heute vor allem der ‚Associazione Progetto San Carlo – Forte di Fenestrelle onlus‘.

Hier nachfolgend einige Infos für all Jene, die auf dem blauen Weg der Via Alpina durch das Chisonetal kommen (Etappen D38/ D39) und sich das Forte di Fenestrelle anschauen möchten.

Öffnungszeiten:
In den Monaten Juli und August täglich geöffnet von 9.00 – 18.00 In den Monaten September bis Juni geöffnet Donnerstag/ Freitag/ Samstag/ Sonntag von 9.00 – 18.00
Das Informationsbüro ist mittags zwischen 12.00 und 14.30 geschlossen.

Der Vorplatz, die Kirche des Forts und die im Offizierspavillon untergebrachte Alpini-Ausstellung ist frei zugänglich. Wer darüber hinaus den Gouverneurspalast besichtigen möchte, kann dies gegen Entrichtung einer kleinen Gebühr individuell.

scala-coperta Scala Coperta

Geführte Besichtigungen:
Wer wirklich alle Anlagen sehen möchte, die mittlerweile zur Besichtigung freigegeben sind, benötigt dafür einen gesamten Tag. Die Tour ‚La Passaggiata Reale‘ beginnt morgens um 9.00 Uhr und kann schon mal bis 18.00 Uhr dauern. Über Teile von ‚Scala Coperta‘ und der Freitreppe ‚Scala Reale‘, die König Carlo Emanuele bevorzugt haben soll, gelangt man so bis hinauf zur Ponte Rosso. Der Rückweg erfolgt dann über die öffentlich zugängliche ’strada dei cannoni‘. Feste Schuhe, warme Kleidung und Proviantmitnahme sind erforderlich.
Auf einer zweiten, lediglich dreistündigen Tour ‚Un Viaggio affascinante dentro le Mura‘ gelangt man bis zum Forte Tre Denti. Beginn jeweils um 10.00 und um 15.00 Uhr.
Für die geführten Touren ist Voranmeldung obligatorisch (Tel 0121-83600, weitere Infos hier). Nur wenn eine entsprechend große Gruppe zustande kommt, werden diese Führungen auch in englischer Sprache angeboten. Ansonsten dürfte sich für all Jene, die nicht fließend Italienisch sprechen, die dreistündige Tour weit besser eignen.

Wer auf dem blauen Weg der Via Alpina vom Rifugio Arlaud nach Usseaux gelangt ist (Etappe D38), geht zunächst weiter den ersten Teil der Etappe D39 bis nach Laux, zweigt dort aber nicht in Richtung Colle dell’Albergian ab, sondern geht geradeaus weiter bis zur Ortschaft Fenestrelle. Am Ortsausgang führt eine Nebenstraße hinauf zum Eingang der Festungsanlage.

Und wo man bei diesem Abstecher ausserordentlich aussichtsreich übernachten kann, berichten wir demnächst!

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

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siehe auch:
Forte Fenestrelle: Zukunft der Ridotta Carlo Alberto

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Eingeordnet unter abseits des Weges, Chisonetal, Cottische Alpen, Via Alpina

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