Archiv der Kategorie: Gessotal

Unwetter verwüsten Roya-, Tinée- und Vésubietal

von Markus Golletz – motorradreisefuehrer.de

Piemont-Ligurien: Abgebrochene Straße

Piemont – Ligurien: abgebrochene Straße, Foto: Markus Golletz

Tenda-Tunnel, Royatal, Vésubie & Tinée:

Schwere Unwetter mit starken Wassermassen haben am 2./3.10.2020 am Ligurischen Grenzkamm und in den Französischen Seealpen starke Schäden hinterlassen. Das Royatal durchzieht nun eine Spur der Verwüstung, die Straße wurde mehrfach unterbrochen, vieles weggespült: Auch die südliche Abfahrt der Via del Sale (LGKS) und die Tunnelbaustelle für die zweite Röhre sind schwer beschädigt. An der Roia-Mündung waren bei Ventimigilia riesige Mengen an Schlamm sichtbar. Es werden noch mehrere Menschen vermisst. Weiterlesen

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Durch das Valle Gesso: Attraverso la Memoria 2014

Seit über 15 Jahren finden – jeweils am ersten Septemberwochenende – im italienischen Valle Gesso und im französischen Vallée de la Vésubie Gedenkwanderungen statt, die an die etwa 800 jüdischen Menschen erinnern wollen, die hier zwischen dem 9. und 13. September 1943 aus Saint-Martin-Vésubie vor den aus dem Süden vordringenden Nazis über den Alpenhauptkamm flohen.

Ihre Hoffnung, mit dem beschwerlichen Weg über die Pässe Finestra (2.474 m) und Ciriegia (2.543 m) und weiter über Entracque und Borgo San Dalmazzo in die Freiheit zu gelangen, trog: die Deutschen marschierten am 12. September auch in diese Region ein und besetzten die italienischen Stellungen. Viele der Flüchtlinge wurden von den Deutschen auf Basis der von Mussolini 1938 erlassenen ‚Rasse-Gesetze‘ festgenommen und in Borgo San Dalmazzo inhaftiert.

Am Bahnhof dieses kleinen Ortes am Eingang des Sturatales erinnert heute ein Mahnmal, das ‚Memoriale della Deportazione‘ daran, dass hier am 21. November 1943 insgesamt 329 Menschen dieser Fluchtgruppe in Güterwaggons gepfercht und in das Konzentrationslager Auschwitz transportiert wurden, wo 311 von ihnen ermordet wurden.

… auf den Percorsi Ebraici

Voriges Jahr haben wir an der Gedenkwanderung von San Giacomo di Entracque zum Colle di Finestra teilgenommen und darüber berichtet. In diesem Jahr findet die unter dem Motto „Attraverso la memoria / Marche de la mémoire“ stehende Gedenkwanderung am 7. September statt und führt von Terme di Valdieri zum Colle Ciriegia. Der sehr schöne Wanderweg von Gias della Casa hinauf zum Pass ist – wie auch jener über den Colle di Finestra – vom italienisch-französisch-schweizerischen Gemeinschaftsprojekt ‚La Memoria delle Alpi / La Mémoire des Alpes / Gedächtnis der Alpen’ als Freiheitspfad‚ als ‚Percorsi Ebraici‘, ausgewiesen.

Hier das Programm zum Download.

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

 

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Rufbus-System im Parco Alpi Marittime im Sommer 2014

Fixe Busverbindungen zwischen den Orten im Valle Gesso, wie es sie bis zum Jahr 2011 noch gab, wären zwar komfortabler – aber immerhin wird auch diesen Sommer ab 28. Juni 2014 im Seealpenpark wieder ein Rufbus zur Verfügung stehen.

Ein Service, der auch attraktive Tageswandertouren ermöglicht: So kann – wer den Bus rechtzeitig vorbestellt – von Terme di Valdieri durch das Vallone Lourousa zum Rifugio Morelli-Buzzi und weiter zum Colle del Chiapous aufsteigen und einfach bis zum Lago della Rovina weiterwandern, wo dann der Bus für die Rückfahrt nach Terme bereitsteht. Um hier nur ein einziges Beispiel zu nennen.

Informationen:

Der „Minibus a chiamata“ verfügt über 8 Plätze und ist täglich zwischen 28. Juni und 14. September von 8 Uhr bis 18 Uhr einsatzbereit. Die Fahrt muss 24 Stunden im voraus reserviert werden; die Kosten liegen zwischen 6 EUR (Entracque – Terme di Valdieri) und 12 EUR (Lago della Rovina – Terme di Valdieri) pro Person bei mindestens 2 Fahrgästen, ansonsten verdoppelt sich der Preis.
Vorbestellung: Audisio Dario 335- 6531024 (tägl. 8-18 Uhr).

Streckenplan mit Preisangaben zum Download

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

 

 

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Der Fluchtweg der Juden über die Seealpen

Aus dem Valle Gesso zum Colle di Finestra, besser noch: über die dort verlaufende Grenze zur Sanctuaire de la Madone de Fenestre zu wandern, ist immer lohnenswert. An jedem ersten Septembersonntag im Jahr aber etwas ganz Besonderes. Dann trifft man auf diesem Weg Menschen, die ein Stück tragischer Geschichte wachhalten, die an die etwa 800 Menschen erinnern wollen, die hier zwischen dem 9. und 13. September 1943 vor den aus dem Süden vordringenden Nazis über den Alpenhauptkamm flohen.

Dass zeitgleich die Deutschen auch Norditalien besetzten – woran dieser Tage nach genau 70 Jahren in vielen Orten Italiens von Boves bis Sant’Anna di Stazzema erinnert wird – wussten die Flüchtlinge damals nicht.

Percorsi Ebraici und Memoriale della deportazione
Das Département Alpes-Maritimes gehörte zur italienischen Besatzungszone Frankreichs, was den dort lebenden Juden Schutz vor der Deportation in die deutschen Vernichtungslager gewährte. Ausländischen Juden waren zwar Wohnorte in speziellen Internierungsorten zugewiesen worden, ausgeliefert wurden sie trotz unverhohlener Proteste des „Achsenpartners“ aber nicht. Allein in Saint-Martin-Vésubie lebten zum Zeitpunkt des italienischen Kriegsaustritts am 8. September 1943 etwa 2.000 Juden unterschiedlichster Nationalitäten, nun massiv bedroht, nachdem sich die Italiener über die Alpen zurückziehen mußten. Etwa 1.000 Juden, darunter Frauen, Kinder und alte Menschen, suchten nun, da die Deutschen von Süden vorrückten, einen Weg nach Italien. Ihre Hoffnung, mit dem beschwerlichen Weg über die Pässe Finestra (2.474 m) und Ciriegia (2.543 m) und weiter über Entracque und Borgo San Dalmazzo in die Freiheit zu gelangen, trog: die Deutschen marschierten am 12. September auch in diese Region ein und besetzten die italienischen Stellungen. Viele der Flüchtlinge wurden von den Deutschen auf Basis der von Mussolini 1938 erlassenen ‚Rasse-Gesetze‘ festgenommen und in Borgo San Dalmazzo inhaftiert.

Am Bahnhof dieses kleinen Ortes am Eingang des Sturatales erinnert heute ein Mahnmal, das ‚Memoriale della Deportazione‘  daran, dass hier am 21. November 1943 insgesamt 329 Menschen dieser Fluchtgruppe in Güterwaggons gepfercht und in das Konzentrationslager Auschwitz transportiert wurden, wo 311 von ihnen ermordet wurden.

Das italienisch-französisch-schweizerische Gemeinschaftsprojekt ‚La Memoria delle Alpi / La Mémoire des Alpes / Gedächtnis der Alpen’‚ das sich u.a. zur Aufgabe gesetzt hat, politische und rassistische Verfolgungen, Kriegsereignisse sowie geistige und militärische Widerstandsbewegungen, die den Alpenraum so stark geprägt haben, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, hat diese Fluchtwege über den Colle di Finestra und den Colle di Ciriegia als Freiheitspfade‚ als ‚Percorsi Ebraici‘ ausgewiesen. Und der französische Literaturnobelpreisträger Jean-Marie Gustave Le Clézio hat die Ereignisse in seinem Buch „Fliehender Stern“ festgehalten.

Attraverso la memoria 2013 – 70 Jahre später
Vor 15 Jahren wurden die Gedenkwanderungen „Attraverso la memoria/ Marche de la mémoire“ ins Leben gerufen, unterstützt und begleitet werden sie vom Istituto storico della Resistenza in Cuneo, der Associazione Giorgio Biandrata in Saluzzo, der Association pour la Mémoire des Enfants Juifs Déportés des Alpes-Maritimes, Yad Vashem Nizza uvm. Jeweils am ersten Sonntag im September treffen sich auf einem der beiden Pässe Franzosen, Italiener und Nachfahren der Flüchtlinge: „Per non dimenticare“, „Pour ne pas oublier“, „To not forget“ – um nicht zu vergessen.

Dieses Jahr hatte es am Freitag zuvor Gedenkveranstaltungen in Saint-Martin-Vésubie und in Saluzzo gegeben, und am Samstag war den Schwestern Gitta und Chaya Horowitz, die als Kinder über diese Berge geflüchtet sind, in Valdieri die Ehrenbürgerinnenwürde verliehen worden. Zusammen mit ihren Kindern und Enkeln, die sich wie wir am Sonntag morgen auf den Weg zum Colle di Finestra machten, sind sie aus den USA angereist.

So trafen sich oben am Pass annähernd 200 Menschen, als die Namen der Kinder, die diesen Exodus miterleben mussten, bei der Gedenkveranstaltung verlesen wurden.

Kurz unterhalb des Passes ist eine Gedenktafel angebracht, die an allen Tagen auf die hier beschriebenen Geschehnisse hinweist:

Per questo colle, nel settembre 1943, centinaia di ebrei di tutte europa cercarono molti invano la salvezza dalla persecuzione antisemita. Tu che passi libero ricorda che questo è stato ogni volta che accetti che un altro abbia meno diritti di te.“

Im September 1943 versuchten hunderte von Juden aus ganz Europa, häufig vergeblich, sich über diesen Pass vor der antisemitischen Verfolgung zu retten. Du, der Du Dich frei bewegen kannst, bedenke, dass das geschehen ist, immer wenn Du toleriert hast, dass jemand anderes nicht die gleichen Rechte hatte wie Du.

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

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Terme di Valdieri: Casa della Bela Rosin nun Hotel-Dépendance

Die Never Ending Story um die Verwendung der beiden erhaltenen Chalets im ‚Schweizer Stil‘, die Vittorio Emanuele II. 1857 in Terme di Valdieri errichten ließ, scheint ein Ende gefunden zu haben. Allerdings kein gutes, um dies gleich vorweg zu nehmen.

Casa della Bela Rosin - Terme di Vadieri - Foto: © Wolfram Mikuteit

Im Sommer 2007 – vor nunmehr 6 Jahren – war die mit öffentlichen Fördergeldern durchgeführte Renovierung der beiden Gebäude abgeschlossen worden. Wir berichteten damals darüber, dass in der ‚Casa della Bela Rosin‘ und dem ‚Casino di Caccia’ zeitnah ein kleines Albergo und ein Restaurant untergebracht werden sollten.

Vittorio Emanuele II. machte Entracque-Valdieri zu einem seiner Jagdreviere, baute hier eine Sommerresidenz und diverse Jagdhäuser.Während er selbst lieber in der Reale Casa di Caccia auf der Valasco-Hochebene nächtigte, ließ er für Rosa Vercellana dies Häuschen erbauen. Mit ihr lebte der König fast 30 Jahre lang bis zu seinem Tod zusammen und heiratete sie 1869 morgantinisch. Oder wie unsere Großmütter noch gesagt hätten: „zur linken Hand“.

Ein schöner Plan, der allerdings im Sande verlief. Denn zwei Ausschreibungsrunden, mit denen ein geeigneter Pächter gefunden werden sollte, verliefen erfolglos. Wie wir zwei Jahre später konstatieren mussten.

Reale Case di Caccia - heute: Rifugio Valasco - Foto: © Wolfram Mikuteit

Im Sommer 2011 war es uns nur noch einen Kommentar wert, dass die ‚Casa della Bela Rosin’ – für die noch immer kein Pächter gefunden war – zwischenzeitlich dem Grand Hotel Royal als Gästehaus für noblen Besuch dient: Als Maria Pia di Savoia, die älteste Tochter des letzten Königs von Italien, im Jahr 2010 mit ihrer Familie in Terme di Valdieri weilte, konnte sie so fast standesgemäß untergebracht werden.
“Könnte man sich etwa eine bessere Verwendung für das mit EU-Mitteln wieder aufgebaute Chalet vorstellen? Honi soit qui mal y pense!“ schrieben wir damals – und prognostizierten, dass hier schon mal mit einem Problelauf Fakten geschaffen werden sollten, die mit der anfangs intendierten Planung für die beiden Chalets nur noch wenig zu tun haben würden.

früher Jagdrevier Entracque - Valdieri, heute der Weg zum Rifugio Questa, Foto: © Wolfram Mikuteit

Mit „Novità 2013“ kündigt nun das Grand Hotel Royal – Terme di Valdieri auf seiner Homepage an, dass ab dieser Saison neben den 100 Zimmern im Hauptgebäude auch in den zwei Chalets übernachtet werden kann.

Grand Hotel Terme di Valdieri - Foto: © Wolfram Mikuteit

Welch sinnvolle Verwendung öffentlicher Fördermittel!
Wer dagegen keine 100 Euro pro Nacht berappen will, hat nachwievor wenig Auswahl in Terme di Valdieri:
Außer dem kargen Posto Tappa GTA gibt es lediglich das Albergo Turismo. Das allerdings hat nun endlich auch eine Homepage, was die Kontaktaufnahme erleichtert: www.albergo-turismo-terme-valdieri.it.

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

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