Archiv der Kategorie: Chisonetal

Unser Piemont Wanderführer – 2. aktualisierte Auflage 2017

Spät kommt sie, aber sie kommt: die Mitteilung, dass unser im Michael Müller Verlag verlegter Piemont Wanderführer in aktualisierter Neuauflage erschienen ist.

Piemont WanderführerDurch den Gran Paradiso-Nationalpark, durch okzitanische Täler, die Dolomiten von Cuneo, Seealpen und Marguareis-Massiv führen die 38 ausgewählten Touren durch den piemontesischen Westalpenbogen.

Die Beschreibungen der Touren – unten geben wir vorab eine grobe Übersicht – führen entlang nummerierter Wegpunkte, die in Text, Karte und Höhenprofil aufeinander abgestimmt sind, präzise zum Ziel. Der Tour-Info-Kasten bietet alle nötigen und viele zusätzlichen Infos zur Strecke, aus denen exakt ablesbar ist, was einen unterwegs erwartet. Inklusive aller Einkehrmöglichkeiten mit Adressapparat und Öffnungszeiten.

Den Touren vorangestellt ist eine ausführliche Einleitung, die neben der Wanderlogistik (Bus- und Bahnlinien mit Fahrplänen für die An- und Abfahrt, beste Standorte, Tipps zur Tourplanung etc.) ausführliche Kapitel zu Gesteinen, Fauna und Flora der Region bietet und darüberhinaus detaillierte Klimainformationen mit Tabellen für Temperaturen, Niederschlägen und Tageslängen.

Dass zum handlichen Wanderführer auch die GPS-Tracks für alle Touren von der Homepage des Verlages herunterladbar sind, versteht sich heute von selbst.

Und klar abgesetzt vom Wandertext bietet der Wanderführer nach dem „Alles-im-Kasten“-Prinzip der MM-Reiseführer auch sehr viele interessante Hintergrundgeschichten. LeserInnen unseres Blogs werden wissen, dass wir darauf nicht hätten verzichten wollen …

Zum Inhalt:

Gran-Paradiso-Region und Lanzo-Täler

Vier unserer Touren führen durch den Nationalpark Gran Paradiso, das größte Naturschutzgebiet des Piemonts. Er wurde bereits 1922 geschaffen, ist damit der älteste Nationalpark Italiens – und der zweitälteste alpenweit. Aus dem ehemaligen Jagdrevier Vittorio Emanuele II. ist der Nationalpark hervorgegangen, der heute zu den Regionen Aostatal und Piemont gehört. Die verbliebenen, teilweise noch sehr gut erhaltenen Jagdsteige bieten dem Wanderer von heute ausgezeichnete Gelegenheiten, auf breiten, technisch nicht anspruchsvollen Wegen auch in große Höhen vorzudringen. Nivolet-HochebeneAuch das Herz des Gran-Paradiso-Nationalparks, die als „Cuore del Parco“ bezeichnete Nivolet-Hochebene unterhalb des namensgebenden Viertausender, teilen sich die Regionen Piemont und Aostatal – aus dem ruhigen piemontesischen Orcotal ist sie aber am besten erreichbar. Drei unserer Touren nehmen hier ihren Ausgang, womit eine grandiose Aussicht auf den Gran Paradiso (4.061 m) und die ihn umgebenden vergletscherten Gipfel gewährleistet ist. In die bezaubernde Seenlandschaft einer der schönsten Hochebenen der Alpen, auf die Piani di Rosset, auf den auch für Wanderer trotz seiner 3.438 m mühelos erreichbaren Mont Taou Blanc und über königliche Jagdsteige führen die hier vorgestellten Wanderungen. Eine vierte Tour unterhalb der mächtigen Gipfel der Tre Levanne gibt die Möglichkeit, die andere Hangseite des Orcotals kennenzulernen. In die im deutschsprachigen Raum nahezu unbekannten sog. Lanzo-Täler führen zwei weitere Touren. Dorthin, wo das Turiner Großbürgertum auf den Geschmack der Sommerfrische kam, wovon noch ihre zum Teil gut erhaltenen Jugendstilvillen zeugen, und sich die Gründerväter des italienischen Alpenvereins CAI ihre ersten Sporen verdienten. Tief eingeschnitten, von hohen Gipfeln umgeben und ebenso stark von Abwanderung betroffen wie das nördlich gelegene Orcotal sind auch das Ala- und das Viùtal. Rifugio Gastaldi An ihren Talschlüssen liegen aber jeweils weite Hochplateaus, die zum Wandern wie geschaffen sind. Im Alatal erreicht man von der Pian della Mussa auf einem alten Saumweg das Rifugio Gastaldi, und im südlich gelegenen Viùtal ist der Lago di Malciaussia Ausgangspunkt für eine Tour zum Colle della Croce di Ferro.

 

Susatal

Natürlich führt eine Tour zu dem berühmtesten Kloster des Tals, Sacra di San Michele - Foto: © Wolfram Mikuteit der gewaltigen die Sacra di San Michele. Ein anderes, das im Jahr 726 gegründete Kloster von Novalesa, liegt unterhalb des Colle di Moncenisio. Und dorthin wandert man auf einer Panoramarunde, die um den – bereits zu Frankreich gehörenden – Lago di Monceniso führt, der von einem ganzen Kranz markanter Höhenforts aus dem ausgehenden 19. Jh. umrahmt ist. Und auch der höchste Wallfahrtsort der gesamten Alpen liegt im Susatal: Die auf 3.538 m Höhe stehende Kapelle Santa Maria auf dem Rocciamelone, einem auch für Wanderer problemlos zugänglichen Dreieinhalbtausender. Durch den Grand Bosco di Salbertrand geht es auf Wegen, die die Waldenser für die Heimkehr in ihre Täler nutzen, zur Testa dell’Assietta. Valle Stretta Und dann noch ein Klassiker, der beim Thema Wandern im Piemont stets vergessen wird, weil das Valle Stretta zwar diesseits des Alpenhauptkammes liegt, aber seit 1947 zu Frankreich gehört: Durch diese 1a-Destination für Wanderer führt um das markante Kalkriff des Grand Serru herum eine Tour zur Wallfahrtskapelle auf dem Mont Thabor.

 

Waldensertäler und Monviso-Region

In den sog. Waldensertälern, den Valli Valdesi, in denen sich Anhänger einer im 12. Jh. vom wohlhabenden Kaufmann Petrus Valdes gegründeten vorreformatorischen Laienbewegung – mal geduldet, mal brutal unterdrückt – haben halten können, führt eine Rundtour durch das Chisonetal, vorbei am Forte di Fenestrelle, der in 122 Jahren Bauzeit entstandenen spektakulärsten Festungsanlage der gesamten Region. Im weiter südlich gelegenen Germanascatal erleichtert ein Sessellift – eine Rarität in dieser Region – den Zugang zu den Tredici Laghi. Durch das Pellicetal, der Hochburg der Waldenser, verlief früher eine wichtige alpenquerende Handelsroute, der wir auf die weite Hochebene Conca del Prà zum Rifugio Willy Jervis folgen. Rifugio Pian del Re mit Monviso Varianten in alle Himmelsrichtungen gibt es on top. Hier ist man bereits recht nah am Monviso, dem mit 3.841 m höchsten Berg der Cottischen Alpen. Im Piemont wird dieser Berg als Re di Pietra, König aus Stein, heiß verehrt. Auch wir zollen diesem Berg natürlich Tribut und widmen ihm drei Touren. Eine kleine, aber feine Seenrunde beginnt bei den Quellen des Po. Eine längere Runde führt u.a. zum ältesten Tunnel der Alpen am Colle delle Traversette und weiter über einen Alpini-Steig zum Rifugio Giacoletti. Und weil der Monviso so viele unterschiedliche Seiten/ Gesichter hat, aus jeder Richtung anders aussieht, stellen wir auch den 3-tägigen Giro di Viso/ Giro del Monviso vor. Viel tiefer, am Eingang zum Potal, ist bei Balma Boves ein spannendes Stück Siedlungsgeschichte zu bestaunen.

 

Dolomiten von Cuneo

Seitdem das Mairatal im deutschsprachigen Raum längst kein Geheimtipp mehr ist, sondern sich peu à peu zu einer sehr angesagten Wanderdestination entwickelt, hört man auch den Ausdruck „Dolomiten von Cuneo“ bei uns immer öfter. Man versteht darunter die Region der jeweils oberen Talbereiche zwischen Varaita– und Sturatal. Wir legen diesen Begriff etwas weiträumiger aus und beziehen auch die unteren Talbereiche mit ein. Im Varaitatal ist der Bosco dell’Alevè mit 825 ha einer der größten Zirbelkiefernwälder der Alpen. Laghi Blu Höher hinaus führt eine Wanderung zu den Laghi Blu am Col Longet, einem Übergang zum französischen Ubaye-Tal. Das Mairatal weist schon am Eingang eine geologische Spezialität auf: Hier stehen mit den Ciciu del Villar über 400 pilzförmige Felsformationen, entstanden als Ergebnis der letzten Eiszeit. Alle weiteren Touren haben ihren Ausgangspunkt im oberen Talbereich, führen rund um das markante Kalkriff der Rocca Provenzale, auf den Sentiero Frassati und unterhalb der Gardetta-Hochebene rund um den kleinen Lago Nero. Lago Nero mit Monviso im Hintergrund - Foto: © Wolfram Mikuteit Dazu stellen wir zwei Etappen des mittlerweile legendären Maira-Tal-Weges (Percorsi Occitani) vor, die über die schier unendlich anmutende Weite der Gardetta-Hochebene mit ihren dolomitenähnlichen Gipfeln und den so charakteristischen Gipstrichtern führen. Im Granatal läßt sich der Besuch der imposanten Wallfahrtskirche Santuario di San Magno sehr gut mit einer kurzen Wanderung über den Colle dei Morti verbinden.

 

Seealpen und Ligurische Alpen

Wo der Alpenhauptkamm seine Richtung ändert, von der Nord-Süd-Richtung in die West-Ost-Richtung schwenkt, beginnen die Seealpen. Den Anschluss nach Osten bilden die Ligurischen Alpen.  Was beide Gebirgsgruppen miteinander verbindet ist ihre Nähe zum Mittelmeer, die an manchen Stellen nicht mehr als 60, manchmal auch nur 40 km Luftlinie beträgt. Weshalb man sie in Italien manchmal zusammenfassend Alpi di Mare nennt – was im deutschsprachigen Raum oft zu definitorischer Konfusion führt. Schließlich ist bereits irritierend, dass ein Teil der Ligurischen Alpen noch im Piemont liegt.

In den Seealpen führt eine Tour vom knuffigen Rifugio Becchi Rossi zum Colle di Puriac, eine andere über den Sentiero del Ecomuseo von Pontebernardo nach Sambuco. Bei der Tour zu den Laghi Lausfer, die ihren Ausgang in Sant’Anna di Vinadio, am höchstgelegenen Kloster der Alpen, nimmt, ist man bereits recht nah am Parco Regionale delle Alpi Marittime, dem für seine große Steinbockpopulation berühmten Seealpen-Naturpark. Steinböcke in den Seealpen Unsere Touren leiten zum Rifugio Dante Livio Bianco, rund um den Pian del Valasco über das Rifugio Questa, zum Lagarot di Lourousa und zum Lago del Chiotas.
Direkt auf den italienisch-französischen Grenzkamm führen zwei Touren am Colle di Tenda. Noch ein Stück weiter nach Osten gelangt man in die Ligurischen Alpen und den Parco Regionale Alta Valle Pesio e Tanaro, der inzwischen Parco Naturale del Marguareis heißt. Hier haben wir eine kurze Rundwanderung ab Pian delle Gorre zur spektakulären Cascata del Pis ausgewählt und stellen einen dreitägigen Giro del Marguareis vor.

 

Sabine Bade und Wolfram Mikuteit

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Im Val Troncea

Über das Val Chisone in den Cottischen Alpen haben wir hier bereits mehrmals berichtet; dessen Quelltal Val Troncea und den gleichnamigen Naturpark zwar in unserem Wander-Lesebuch Partisanenpfade im Piemont gleich zwei Touren gewidmet – es aber hier auf dem Westalpenblog noch nie erwähnt. Was sich ändern muss, wie wir gerade wieder feststellen konnten!

 

Eine Rundwanderung …

Etwas oberhalb von Pragelato zweigt von der SS 23 in Richtung Sestriere die Straße in das Val Troncea ab. Ihr folgt man – vorbei am Luxushotel Pragelato Village – bis zu ihrem Ende am großen Parkplatz an der Ponte das Itreit, wo ein Denkmal an die 81 am 19. April 1904 unterhalb des Colle del Beth von einer Lawine verschütteten Minenarbeiter erinnert. Hier beginnt der Rundweg, der entlang des Chisone das Val Troncea durchzieht. Vorbei am Infohäuschen des 1980 eingerichteten Parco Naturale della Val Troncea gelangt man auf einer Erdpiste bereits nach wenigen Minuten zum Standort der alten Mühle von Laval, wo sich heute das sehr nette Rifugio Mulino di Laval befindet. Hinter Baracot’d la Poump mit Picknicktischen und vielen Hinweistafeln zu Fauna und Flora des Naturparks zweigt von der Piste der Weg ab, der über Seytes nach Troncea führt. Beide Weiler wurden im Herbst 1944 von deutschen Truppen auf der Suche nach Partisanen zerstört. Hinter dem Rifugio Troncea befindet sich eine kleine Gedenkstätte für die Divisone Autonoma Val Chisone ‚Adolfo Serafino‘, die den Deutschen Widerstand leistete.

Der Weg setzt sich in Richtung Alpe Mey nach Südosten hin am Hang entlang fort. Vorbei an der Abzweigung zu einer weiteren Gedenkstätte für die verunglückten Minenarbeiter (Lapide Minatori) erreicht man zunächst die Alpe Lou Soupaleddi, dann die Alpe Roccias mit Blick zurück durch das gesamte Val Troncea und steigt dann über sanfte Wiesenhänge ab hinunter zum Chisone. In nun wieder nördlicher Richtung wird die Alpe Mey erreicht, von wo aus eine Erdpiste am linken orografischen Ufer des Baches – vorbei an an der Ruine des um 1900 errichteten Wasserkraftwerks, der Fonderia, und dem Rifugio Mulino di Laval – zurück an den Ausgangspunkt der Ponte das Itreit führt (Zeit: 5 h 15, Strecke: 17,5 km, Aufstieg: 735 m, Abstieg: 735 m).

 

… mit optionalem Aufstieg zum 2.851 Meter hohen Col Clapis

An der Alpe Mey (2.010 m), zu der in der Hochsaison auch ein Shuttlebus verkehrt (s.u.), beginnt ein Weg, auf dem man in ca. 2 Stunden den Col Clapis und damit die Wasserscheide zwischen dem Chisonetal und dem zum Susatal gehörenden Valle Argentera erreicht.
Als während der deutschen Besatzung die Luft dünn wurde im Val Troncea und nach den Schlachten am Monte Genevris und am Monte Triplex klar war, dass die ‚Operation Nachtigall‘ das Ende der berfreiten Zone im Val Troncea besiegeln würde, mussten sich die Partisanen absetzen und auch ihre Verwundeten aus den Krankenstationen von Laval und Alpe Roccias evakuieren. Da alle anderen Fluchtrouten versperrt waren, blieb ihnen einzig der Weg in das noch nicht von den Deutschen besetzte Valle Argentera, ganz nah an der Grenze zu Frankreich. Die Gruppe von Ettore Sarafino wählte dabei den Weg über den 2.815 Meter hohen Col Clapis.

 

Bus zur Alpe Mey

Wie in den Vorjahren setzt auch im Jahr 2016 die Verwaltung des Parco Naturale della Val Troncea in der Hochsaison einen Kleinbus ein, der hinauffährt zum Rifugio Troncea und zur Alpe Mey.

Der Pendelbus verkehrt ab 9. Juli 2016 an den Wochenenden, vom 23. Juli bis zum 21. August täglich, und bis 4. September 2016 noch an den Wochenenden jeweils zwischen 9 und 17 Uhr. Wichtig: Voranmeldung dafür ist zwingend notwendig. Nähere Infos im Besucherzentrum des Parco Naturale Val Troncea in Pragelato, Via della Pineta (Ortsteil Ruà).

 

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

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Forte di Fenestrelle – Chisonetal

Der bisherige Internetauftritt des Forte di Fenestrelle (fortedifenestrelle.com) wurde abgeschaltet. Ob die Seite nochmals reaktiviert wird, ist ungewiss. Deshalb hier kurz von uns der Hinweis, dass die Informationen zu den Öffnungszeiten auf der Seite des oberen Val Chisone zu finden sind.

Forte di Fenestrelle - Foto: © Wolfram Mikuteit


Forte di Fenestrelle

In 122 Jahren Bauzeit ist im oberen Chisonetal, das damals noch Val Pragelato genannt wurde, eine der größten und beeindruckensten Festungen der Alpen entstanden, zur strategischen Absicherung der neuen Grenzen und zur Darstellung der Stärke des gerade entstandenen Königreiches Piemont-Sardinien. Erste Pläne zum Bau der Festung entstanden gleich, nachdem Frankreich 1713 mit dem Friedensvertrag von Utrecht die Westalpentäler östlich des Hauptkammes an Savoyen-Piemont abtreten musste (das zudem in den Rang eines Königreiches aufstieg). Ein naheliegendes Vorhaben, da unter anderem die strategisch ungünstig gelegene französische Festung Mutin im Chisonetal den Sieg der Piemontesen begünstigt hatte – was übrigens Vauban schon früh vorhergesagt haben soll! 1728 wurde mit dem Bau begonnen, von oben nach unten mit den Redouten von Delle Valli beginnend. Schnell entstand hier wie mit Exilles im Susatal ein Sperrriegel, der angreifende Franzosen bereits im Juli 1747 zu dem opferreich fehlgeschlagenen Versuch zwang, diese Täler über den Assiettagrat zu umgehen.

Neben dieser Sperrriegelfunktion wurde Fenestrelle von unterschiedlichen Herrschern vor allem als Staatsgefängnis genutzt, verfiel nach dem ersten Weltkrieg zusehends und verdankt seine sukzessive Wiederherstellung heute vor allem der ‚Associazione Progetto San Carlo – Forte di Fenestrelle onlus‘.

Die Fakten: 1.300.000 m² bebauter Fläche, auf annähernd drei Kilometer Länge 580 Meter Höhendifferenz zwischen den drei Festungen San Carlo, Tre Denti und Delle Valli überwindend, die auch über die 3996 Stufen der ‚Scala Coperta‘ miteinander verbunden sind.

Dazwischen viele Feldschanzen, Mannschaftsquartiere, exponierte Aussichtstürme wie die Garitta del Diavolo und viele zum Teil kunstvolle Hebebrücken, um die einzelnen Festungsbestandteile im Notfall voneinander separieren zu können – das ist Forte di Fenestrelle, seit 1999 ‚Monumento Simbolo‘ der Provinz Turin.

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

siehe auch:
Forte Fenestrelle: die Zukunft der Ridotta Carlo Alberto

 

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Über den Assiettakamm zum neuen Rifugio Casa Assietta

Ganz entspannt zur Testa dell’Assietta
Nachdem wir im Juli dieses Jahres über die Eröffnung der Casa Assietta berichtet haben, wollten wir uns selbst ein Bild machen von dem Rifugio, mit dem nun endlich eine Übernachtungsmöglichkeit auf dem Kamm zwischen Susa- und Chisonetal geschaffen wurde.
Casa Assietta - am gleichnamigen Lago Was überfällig war. Denn wer hier bisher zu Fuß unterwegs war, hatte wegen der Länge der jeweiligen Touren nie genug Muße, den abgeflachten Kamm (assiette = Teller) mit all seinen Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Von Salbertrand über Montagne Seu hinauf zur Testa dell’Assietta benötigt man im Rahmen einer Tagestour hin und zurück circa 8 Stunden. Der Obelisk steht an einem Punkt mit überwältigender Aussicht und erinnert an eine Schlacht während des Österreichischen Erbefolgekrieges. Einrückende Franzosen und Spanier, die die Sperrfestungen im Susa-Tal (Forte Exilles) und Chisone-Tal (Forte Fenestrelle) umgehen wollten, liefen hier am 19. Juli 1747 der piemontesisch-österreichen Armee – die den Angriff über den Kamm erwartet hatte – direkt vor die Flinten. So konnten stark unterlegene Verteidiger mit 7.000 Mann den Angriff der 40.000 Franzosen und Spanier zurückschlagen.
Testa dell'Assietta

Eine sehr attraktive Tour, auf der aber – bisher – gerade genug Zeit blieb, sich außer der tollen Aussicht noch die Reste der Verteidungsanlagen (Trockenmauem in Zickzacklinien, Gräben, Schanzen) anzuschauen, bevor gleich wieder an den Abstieg gedacht werden musste. Ebenso erging es Weitwanderern, die auf der Grande Traversata delle Alpi (Etappe 28) oder dem Blauen Weg der Via Alpina unterwegs waren.

Mit der Eröffnung der ‚Casa Assietta’ am kleinen, eher tümpelgleichen Lago dell’Assietta, die im Jahr 1890 vom Militär errichtet wurde und später den Straßenbauern als Lagerraum diente, steht auf dem breiten Kamm zwischen Susa- und Chisonetal nun endlich ein in den Sommermonaten bewirtschaftetes Rifugio zur Verfügung. Die Möglichkeit zur Übernachtung auf 2.500 Metern bietet damit Gelegenheit, die Tour auf zwei Tage zu verteilen und auch den einen oder anderen Abstecher einzulegen.

Panorama-Kammwandern zwischen Susa-und Chisonetal
Nun ist es darüberhinaus auch endlich möglich, die gesamte Strada dell’Assietta von Sestriere nach Fenestrelle zu Fuß zu begehen, ohne unterwegs biwakieren zu müssen. Diese in der Mussolini-Ära erbaute Höhenstraße zieht sich, mal als Erd- mal als Schotterpiste und nur ganz selten asphaltiert, vom Ortsausgang Sestriere anfangs über Colle Basset, Colle Costa Piana bis zum Monte Genevris (2.533 m), auf dem der Faro degli Alpini steht. Und hinter dem Colle Lauson gelangt man zum neuen Rifugio am Lago dell’Assietta.
Blick in Richtung Westen auf den Grenzkamm hinüber nach Frankreich

Unterhalb der Testa dell’Assietta geht es weiter in östlicher Richtung: Hinter dem gleichnamigen Pass unterhalb des im 19. Jahrhunderts errichteten Forte Gran Serin beginnt der gemächliche Abstieg, vorbei an der Verzweigung zum Colle delle Finestre und dem auf einem Felssporn stehenden Forte Serre Marie. Wie das darüber stehende Corpo di Guardia del Falouel wurde es 1882 als Außenposten des Forte di Fenestrelle zur Verteidigung der Passstraße über den Colle delle Finestre erbaut. Vorbei an der Abzweigung zum etwas tiefer gelegenen Weiler Pequerel mit seinem massiven Lawinenkeil aus dem Jahr 1716 und der Abzweigung zum Rifugio Selleries, gelangt man über einen kurzen Stichweg an einen netten Picknickplatz mit Aussicht auf die zum Forte Fenestrelle gehörende Zugbrücke Ponte Rosso. Kurz vorher zweigt die ‚Strada dei Cannoni’ ab: Dieser ehemalige ‚Kanonenweg’ führt bei stets gleichbleibendem Gefälle schön schattig in insgesamt 26 durchnummerierten Kehren hinunter nach Fenestrelle im Chisonetal.
Forte di Fenestrelle - 635 Meter Höhenunterschied

Was den Panoramagehalt des Weges anbelangt, ist die Strada dell’Assietta mit Aussicht auf Ecrins-Massiv, Monviso und Chaberton kaum zu toppen. Um sie auch staubfrei genießen zu können, bietet sich an, sie vorzugsweise an einem der Tage, an dem sie für den motorisierten Verkehr gesperrt ist, zu begehen: In den Monaten Juli und August Mittwochs und Samstags zwischen 9 und 17 Uhr.

Casa Assietta:

Bewirtschaftet von Mitte Juni bis Mitte September
18 Plätze in 6- und 4-Bettzimmern
Halbpension (Abendessen, Übernachtung, Frühstück) 37 Euro
Tel: +39 0122 456117
Mail: rifugioassietta@libero.it
www.facebook.com/pages/Rifugio-Assietta/247011738752686

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

 

 

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Mit der Casa Cantoniera gibt es endlich ein Rifugio auf dem Assiettakamm

„Hier oben sollte man übernachten können. Warum kommt niemand auf die Idee, die toll gelegene Casa Cantoniera zum Rifugio auszubauen? Nicht nur eine grandiose Aussicht, sondern sogar einen Bootssteg gibt es hier auf über 2.500 Meter Höhe. Wanderer, was willst Du mehr?“
Wie sich jetzt herausstellt, waren wir nicht die Einzigen, die sich diese Frage stellten:
Lago dell'Assietta Am 15. Juli 2012 wird die ‚Casa Assietta’ am kleinen, eher tümpelgleichen Lago dell’Assietta feierlich eingeweiht und das 122 Jahre alte Gebäude (in renoviertem Zustand) seiner neuen Bestimmung als bewirtschaftetes Rifugio übergeben.
Das im Jahr 1890 vom Militär errichtete Haus, das später den Straßenbauern als Lagerraum diente, steht auf dem breiten Kamm zwischen Susa- und Chisonetal und bietet 18 Schlafplätze. Was besonders Wanderer auf der Grande Traversata delle Alpi (GTA) und dem blauen Weg der Via Alpina erfreuen wird, die nun die lange Etappe von Salbertrand nach Usseaux hier oben unterbrechen können.

Die Freie Partisanenrepublik Val Chisone
Damit ergibt sich endlich auch die Möglichkeit, den Assiettakamm etwas genauer zu erkunden. Denn dort, wo bereits im Jahre 1747 während des Österreichischen Erbfolgekrieges zahlenmäßig stark unterlegene Piemonteser angreifende Franzosen zurückschlugen, hatten knapp zwei Jahrhunderte später auch die Partisanen der ‚Divisione Autonoma Val Chisone’ Stellung bezogen, um die Außengrenzen ihrer ‚Repubblica Libera’ zu sichern.
Manche wissen, dass es im Sommer und Herbst 1944 im Piemont sogenannte Freie Republiken gegeben hat. Von deutschen Besatzern und Mussolinis RSI-Armee vollständig befreite Gebiete, in denen die Partisanen für kurze Zeit die Macht übernommen hatten. Befreite Zonen, in denen ein Teil der Partisanen ihre Waffen kurzfristig beiseitelegten, sich administrativen Aufgaben zuwandten und mit Hilfe des Nationalen Befreiungskommitees (CLN) eine Selbstverwaltung aufbauten. Die bei uns bekanntesten dieser Freien Republiken im Piemont sind die von Ossola und Alba. Letztere hatte bereits im Jahr 1952 Beppe Fenoglio
mit seiner Erzählung ‚I ventitré giorni della città di Alba’ (Die 23 Tage von Alba) bekannt gemacht.
Die ‚Repubblica Libera Val Chisone’ hingegen ist im deutschsprachigen Raum weitgehend unbekannt. Dabei hatte sie länger Bestand als jene von Ossola und Alba. Am 4. Juni 1944, direkt nach der Befreiung Roms durch die Alliierten, hatte der CLN einen Appell an die Partisanen gerichtet und zu einer Großoffensive aufgerufen. Kurz darauf konnten die Partisanen, vorwiegend versprengte Soldaten und Offiziere der aus Frankreich zurückgekehrten 4. Armee unter Führung von Maggiorino Marcellin, Erfolg melden: Der gesamte obere Bereich des Chisonetals zwischen Perosa Argentina und Sestriere wurde zur befreiten Zone erklärt.
Als die Nazis das Gebiet vom Susatal her im Rahmen der Operationen ‚Sperber’ und ‚Nachtigall’ zurückerobern wollten, Blick vom Monte Triplex auf Passo und Monte Chaberton Blick vom Monte Triplex auf Passo und Monte Chaberton

kam es am Monte Triplex und Monte Genevris zu Gefechten. Wer von der ‚Casa Assietta’ ein Stück weit auf der Strada dell’Assietta in Richtung Sestriere geht, findet an der Verzweigung zum Monte Genevris zwei schlichte Holzkreuze: Eines für Mario Costa, das andere für Pietro Ploto, zwei junge Männer, die bei den Gefechten am Monte Genevris am 2. August 1944 starben. Folgt man der schmalen Piste hinauf zum Faro degli Alpini, einem Aussichtspunkt par excellence, erreicht man in wenigen Minuten ein Kreuz mit einer kleinen Gedenktafel. Darauf eingelassen das Gedicht ‚Le fior dij Patriòta’ vom piemontesischen Heimatdichter Nino Costa, Marios Vater.

In unserem Buch ‚Partisanenpfade im Piemont’ beschreiben wir die gesamte Strecke entlang der hochattraktiven Strada dell’Assietta mit all ihren Höhenpunkten. Und auch im Val Troncea, in das sich die Partisanen Anfang August 1944 vor den Angreifern zurückzogen, bevor sie das Gebiet der ‚Repubblica Libera Val Chisone’ in Richtung Frankreich verlassen mussten, haben wir zwei hochattraktive Touren angesiedelt.

Sabine Bade & Wolfram Mikuteit

 

 

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